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Trans Loulou Lamour – Das Wohlbefinden von Sexarbeiter:innen!

Das Wohlbefinden von SexarbeiterInnen variiert von Land zu Land stark. Klicken Sie auf der Karte um herauszufinden, wie sich Ihr Land im Vergleich schlägt, oder lesen Sie unten mehr über unsere Erkenntnisse und Methodik.

Gesamtrangliste

 LandInteressenvertretungen2Sozialer
Zusammenhalt3
Rotlichtviertel4Straßenprostitution5
1Deutschland1192%3413%
2Österreich592%315%
3Niederlande490%1711%
4Neuseeland196%417%
5Luxemburg092%130%
6Kanada2693%621%
7Spanien895%2146%
8Großbritannien693%2123%
9Finnland295%110%
10Dänemark295%225%
11Belgien592%1334%
12Lettland086%040%
13USA91%7420%
14Ungarn184%040%
15Australien1195%102%
16Griechenland282%160%
17Italien591%160%
18Slowenien091%02%
19Estland190%02%
20Polen389%040%
21Slowakei091%073%
22Tschechien089%119%
23Portugal487%445%
24Schweden391%023%
25Frankreich888%3561%

Interessenvertretungen

 LandInteressenvertretungenSozialer
Zusammenhalt
RotlichtviertelStraßenprostitution
1Kanada2693%621%
2Deutschland1192%3413%
2Australien1195%102%
3Spanien895%2146%
3Frankreich888%3561%
4Großbritannien693%2123%
5Österreich592%315%
5Belgien592%1334%
5Italien591%160%
6Niederlande490%1711%
6Portugal487%445%
7Schweden391%023%
7Polen389%040%
8Finnland295%110%
8Dänemark295%225%
8Griechenland282%160%
9Estland190%02%
9Ungarn184%040%
9Neuseeland196%417%
10Luxemburg092%130%
10Slowenien091%02%
10Tschechien089%119%
10Lettland086%040%
10Slowakei091%073%
10USA91%7420%

Rotlichtviertel

 LandInteressenvertretungenSozialer
Zusammenhalt
RotlichtviertelStraßenprostitution
1Belgien592%1334%
2Niederlande490%1711%
3Neuseeland196%417%
4Frankreich888%3561%
5Deutschland1192%3413%
5Spanien895%2146%
5Luxemburg092%130%
5Portugal487%445%
5Australien1195%102%
6Österreich592%315%
6Großbritannien693%2123%
6Dänemark295%225%
7Finnland295%110%
7Kanada2693%621%
8Tschechien089%119%
8Griechenland282%160%
8USA91%7420%
9Estland190%02%
9Slowenien091%02%
9Italien591%160%
9Schweden391%023%
9Polen389%040%
9Lettland086%040%
9Ungarn184%040%
9Slowakei091%073%

Straßenprostitution

 LandInteressenvertretungenSozialer
Zusammenhalt
RotlichtviertelStraßenprostitution
1Australien1195%42%
1Slowenien091%02%
1Estland190%02%
2Finnland295%210%
3Niederlande490%1011%
4Deutschland1192%413%
5Österreich592%315%
6Neuseeland196%817%
7Tschechien089%119%
8USA91%120%
9Kanada2693%221%
10Schweden391%023%
10Großbritannien693%323%
11Dänemark295%325%
12Luxemburg092%430%
13Belgien592%1134%
14Ungarn184%040%
14Lettland086%040%
14Polen389%040%
15Portugal487%445%
16Spanien895%446%
17Griechenland282%160%
17Italien591%060%
18Frankreich888%561%
19Slowakei091%073%

DEUTSCHLAND

Rang 1/25
Rechtmäßigkeit und Legalisierung bzw.
Interessenvertretungen 11%
Straßenprostitution 13%
Rotlichtviertel 34%
Sozialer Zusammenhalt 92%
 

Deutschland zählt zu den ganz wenigen Ländern, in denen Sexarbeit völlig legal ist. Mit dem Prostitutionsgesetz ab 2002 sowie dem Prostituiertenschutzgesetz ab 2017 besteht ein rechtlicher Rahmen, der Prostituierte anerkennt und Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen vorschreibt. Prostituierte in Deutschland können, wie andere Selbständige auch, ganz gewöhnlich in die Renten- und Krankenversicherung eintreten. Davon können SexarbeiterInnen in anderen Ländern nur Träumen. Zahlreiche Organisationen und Verbände setzen sich für das Wohl aller im Rotlichtgewerbe tätigen Personen ein und üben falls nötig Druck auf die Politik aus, etwa wenn Gesetze angepasst werden sollten. Es gibt zahlreiche Beratungsangebote für Prostituierte, sowie Hilfsangebote für die, die aussteigen wollen und es alleine nicht so recht schaffen. In Deutschland werden Prostituierte manchmal sogar Personen des öffentlichen Lebens und kämpfen in TV-Talkshows für eine positivere Sicht auf das Thema ‘Sex als Erwerbsarbeit’. Zu den bekanntesten Namen gehören etwa die als Luxus-Escort tätige Salomé Balthuis oder die französischstämmige ehemalige Prostituierte und Schriftstellerin Emma Becker. Letztere war es dann auch, welche mit ‘La Maison’ der Sexarbeit in Deutschland einen überaus lesenswerten autobiographischen Roman gewidmet hat, eine Pflichtlektüre für alle, die sich für das Thema Prostitution interessieren.

article image1

Wir vom LustMag haben daher eine Studie durchgeführt, die Licht ins Dunkle der recht unübersichtlichen und diversifizierten Datenlage über die Arbeitsbedingungen von Prostituierten im internationalen Vergleich bringen soll. Hierfür haben wir 25 Länder der westlichen Welt einem Vergleich unterworfen und in fünf unterschiedlichen prostitutionsrelevanten Kategorien Punkte vergeben. Ergebnis ist eine Rangliste wichtiger Länder, geordnet von den besten Arbeitsbedingungen bis hin zu den problematischsten. Jedes einzelne Land weist dabei seine individuellen rechtlichen und gesellschaftlichen Eigenarten auf. Unser gesetztes Ziel dabei ist es, herauszufinden, welche Faktoren mögliche negative Begleiterscheinungen der Prostitution am besten verhindern und damit genau die Personen möglichst gut beschützen, die in der Sexarbeit tätig sind.

UNSER VORGEHEN

Wie sind wir dabei vorgegangen? Zur Erstellung unseres internationalen Sexworker Index haben wir jedes Land nach den folgenden Kriterien untersucht.

  1. Rechtliche Situation: inwiefern werden SexarbeiterInnen gesetzlich geschützt und anerkannt?
  2. Interessenvertretungen: haben die SexarbeiterInnen eine Lobby, die ihre Interessen gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit vertritt?
  3. Sozialer Zusammenhalt: wie viele SexarbeiterInnen können sich im Notfall auf ihr Netzwerk verlassen?
  4. Rotlichtviertel: gibt es ausgewiesene Rotlichtviertel, wo die SexarbeiterInnen unter kontrollierten und damit sicheren Bedingungen ihre Tätigkeit ausüben können?
  5. Straßenprostitution: wie hoch ist der Anteil der oftmals problematischen Straßen- oder Autoprostitution?

In jeder Kategorie können bis zu 100 Punkte erreicht werden, bei besten Bedingungen für SexarbeiterInnen. Die Punkte werden aus allen Kategorien aufaddiert und für bessere Vergleichbarkeit mit einer Formel standardisiert. Das finale Ranking aller verglichenen Ländern findet ihr in der oben stehenden Tabelle.

UNSERE ERKENNTNISSE

In diesem Vergleich bestehen laut unserer Untersuchung die besten Arbeitsbedingungen für Prostituierte in Deutschland und Österreich, dicht gefolgt von den Niederlanden. In allen drei Ländern ist Prostitution legalisiert und staatlich reguliert. SexarbeiterInnen können sich wie andere selbständig arbeitende Personen ganz normal als KleinunternehmerInnen registrieren, legal Steuern abführen sowie in die Kranken- und Rentenversicherungen eintreten. Straßenstriche machen in allen drei Ländern höchstens 15% der Prostitution aus und zahlreiche Verbände und soziale Organisationen vertreten die Interessen der SexarbeiterInnen. Außerhalb Europas gilt Neuseeland als ein Musterbeispiel für gute Arbeitsbedingungen in der Prostitution.

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Am unteren Ende der Skala finden sich Ungarn, Griechenland und die Slowakei, wo wir einige Mängel feststellen mussten. In allen drei Ländern ist die Quote der Straßenprostitution mit 40-73% sehr hoch und die Interessen der Prostituierten werden politisch kaum gehört. Ungarn und die Slowakei gelten leider als Umschlagplätze für Menschenhandel aus Drittländern wie der Ukraine oder Moldawien, während in Griechenland zahlreiche EinwanderInnen aus dem ärmsten Staaten des Nahen Ostens und Afrika unfreiwillig in der Prostitution landen. In allen drei Ländern gibt es zwar auch die positive Seite der Prostitution, allerdings stellt diese nur eine kleine Spitze eines großen Eisbergs dar, welcher aus Straßenstrich und fehlendem staatlichen Schutz der SexarbeiterInnen besteht.

WEITERE IMPLIKATIONEN UND EINBLICKE

Aber was bedeuten diese Ergebnisse, wenn wir uns in der Betrachtung auf Deutschland konzentrieren? Ein erster Platz klingt erstmal ganz gut, aber was genau können wir daraus folgern? Heißt das, wir können uns als Musterland auf die Schulter klopfen und auf unseren Lorbeeren ausruhen? Schön wär’s, denn auch hierzulande liegt noch Einiges im Argen und wir sind noch ein ganzes Stück davon entfernt, von optimalen Bedingungen für die Sexarbeit in Deutschland sprechen zu können. Um an dieser Stelle noch weitere Einblicke in die Thematik Sexarbeit in Deutschland zu erhalten, haben wir der Domina Lady Susan aus Berlin als Expertin weiterführende Fragen stellen dürfen:

article image3

Lady Susan, in unserem Sexworker Index landet Deutschland knapp vor Österreich auf dem ersten Platz. Hat sich die Situation für Sexworker in Deutschland ihrer Meinung nach in den letzten Jahren verbessert?

„Das ist eine schwierige Frage. Zum einen haben wir in Deutschland das große Glück, dass Sexarbeit für die Politik (zumindest überwiegend) als eine Arbeit wie viele andere angesehen wird. So können sich Sexworker z.B. krankenversichern und ihre geschäftlichen Ausgaben von der Steuer absetzen. Gerade jetzt, in der Corona-Krise, hat man deutlich gesehen, dass auch Sexworker (zumindest jene, die ihr Business entsprechend angemeldet haben) vom Staat genauso Corona-Hilfen bekommen können wie z.B. ein Handwerksbetrieb. Das halte ich, im europäischen und auch internationalen Vergleich, für fair und sehe es als Zeichen, dass Sexarbeit mehr und mehr Akzeptanz findet. Sexarbeit ist ein Wirtschaftszweig und wird als solcher eben auch behandelt.

Andererseits gibt es in Deutschland Gesetze, die die Sexarbeit – ob bewusst oder unbewusst sei dahin gestellt – stigmatisieren und zudem meiner Meinung nach völlig praxisfern sind. Das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) z.B. schreibt vor, dass man als Sexworker bei der zuständigen Behörde persönlich vorstellig wird, sich einer (leider nicht immer kompetenten) Beratung unterzieht und am Ende einen Ausweis, der mit einem Lichtbild versehen ist, bei Kontrollen mit sich führen muss. Von einem Bäcker-Ausweis oder einem Verkäufer-Ausweis habe ich hingegen noch nie gehört…“

Haben Sie selbst oder KollegInnen aus Ihrem Umfeld Forderungen/Vorschläge an die Politik, wie sich die Situation für Sexworker in Deutschland noch verbessern könnte?

„Meiner Meinung nach sollte vor allem das ProstSchG überarbeitet werden und vor allem hierbei Damen und Herren aus dem Gewerbe als BeraterInnen hinzugezogen werden. Das Gesetz war sicher gut gemeint und sollte vor allem dazu dienen, Zwangsprostitution einzudämmen. Leider ist das Gegenteil der Fall. Prinzipiell hilft immer ein Dialog aller Beteiligten, ganz egal welcher Branche, um die Kommunikation und das Verständnis miteinander und füreinander zu stärken. Auch sollten die Beratungsstellen (wie z.B. Hydra oder der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V.) viel mehr unterstützt, gefördert und angehört werden.“

Welche Rolle spielt dabei die gesellschaftliche Akzeptanz der Tätigkeit? Haben Sie den Eindruck, dass sich unsere Gesellschaft hierbei zum Besseren entwickelt?

„Die gesellschaftliche Akzeptanz steigt mit zunehmender Aufklärung. Ein offener Umgang mit dem Thema Sexarbeit ist wichtig. Darum bin ich und auch viele meiner KollegInnen gerne bereit, Rede und Antwort zu stehen und so auch mit vielen Vorurteilen aufzuräumen. Wenn die Leute verstehen, dass Prostitution nicht immer schmutzig und mit Zwang behaftet ist, steigt auch die Toleranz und vor allem die Akzeptanz. Wenn mich z.B. jemand auf einer Party fragt, was ich beruflich mache, antworte ich ihm oder ihr, dass ich als klassische Domina tätig bin und mein eigenes Studio betreibe. Meist sind die Leute dann interessiert an meiner Tätigkeit und brennen darauf, mehr zu erfahren. Vor 6, 7 Jahren war das noch völlig anders. Damals wandten sich eindeutig mehr Leute von mir ab, wenn ich von meinem Beruf erzählte. Insofern sehe ich da eine positive Entwicklung und hoffe, dass die Toleranz in der Gesellschaft weiter wächst.

Die Gesellschaft ist in den vergangenen Jahren zunehmend bunter und vielfältiger geworden, sowohl was die Geschlechterfrage als auch die sexuelle Orientierung betrifft.“

Fühlen Sie sich von den Interessenvertretungen / Verbänden in Deutschland gut vertreten?

„Ich bin Mitglied im Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. und muss sagen, dass ich mich insbesondere zu Beginn der Corona-Krise dort sehr gut beraten und gut aufgehoben gefühlt habe. Es ist gut und wichtig, sich mit KollegInnen austauschen zu können und ich bin der festen Überzeugung, dass Interessenverbände wichtig sind, um auch politisches Gehör zu finden.“

Vielen herzlichen Dank für dieses Interview, Lady Susan!

ZUSAMMENFASSUNG

Wie das Experteninterview mit Lady Susan aufzeigt, gibt es bei uns in Deutschland trotz aller Verbesserungen während der letzten Jahre noch einige Baustellen. Positiv zu sehen ist auf jeden Fall die wachsende gesellschaftliche Akzeptanz von Sexarbeit in Deutschland. Denn gesellschaftliche Stigma sind für jede soziale Gruppe schlecht und machen damit auch die Gesamtgesellschaft nicht zu einem besseren Ort. Es scheint aber, als wäre der Gesetzgeber, also die Politik, noch nicht so ganz in der gesellschaftlichen Realität angekommen. Denn ein verpflichtender Prostitutionsausweis ist tatsächlich eine ungewöhnliche Vorschrift, wenn man bedenkt, dass es so etwas für andere Berufe nicht gibt, ausgenommen vielleicht Arztausweise und Pilotenscheine, was aber einen sehr schiefen Vergleich zu unserem Thema darstellen würde. Viele SexarbeiterInnen wollen einfach nicht, dass ihnen der Prostitutionsausweis z.B. an der Supermarktkasse oder in anderen sozialen Situationen zufällig aus dem Geldbeutel fällt, was ja deren gutes Recht ist. Man könnte dies zum Beispiel damit lösen, wie auf dem Bau das Mitführen eines Sozialversicherungsausweises vorzuschreiben. Die staatlichen Hilfen für SexarbeiterInnen in der Coronakrise haben gezeigt, dass die Politik die legal in der Prostitution tätigen Personen inzwischen ein ganzes Stück weit ernst nimmt und anerkennt. Trotzdem sollten die Interessenvertretungen der SexarbeiterInnen politisch noch deutlicher gehört und vor allem deren Expertise bei der Aktualisierung der bestehenden Gesetze viel stärker berücksichtigt werden. Zusammenfassend können wir daher festhalten, dass die ehrliche Kommunikation zwischen den gesellschaftlichen Akteuren das A und O ist. Wo verschwiegen und kriminalisiert wird, das zeigen auch die Untersuchungsergebnisse unserer Studie, da führt es nicht zum Guten. Und das im Endeffekt für alle Beteiligten, auch für die, die sich eigentlich gegen die Akzeptanz von Sexarbeit aussprechen. Wir sind gespannt auf die weitere Zukunft, denn eine gesellschaftliche Liberalisierung wird in westlichen Ländern nur sehr selten langfristig aufgehalten und noch seltener zurückgedreht.

Eine ganz besondere Transe in Berlin! Schreibt mir!

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